Der Rotmilan (Milvus milvus)

 

 

 

Das globale Brutgebiet des Rotmilan ist fast ausschließlich auf den europäischen Kontinent beschränkt. Außer in Dänemark ist der Rotmilan in Nord-Skandinavien und Nord-Russland nicht verbreitet. In Deutschland ist der Rotmilan mit 14-16.000 Brutpaaren verbreitet, was damit ca. 60% der gesamten globalen Verbreitung ausmacht. Die Bestandentwicklung gilt als stabil. Weitere Schwerpunkte der Verbreitung liegen in Frankreich und Spanien.

 

Der Rotmilan ist ein großer, schlank wirkender Greifvogel mit gegabeltem Schwanz und langen, schmalen Flügeln. Im Vergleich ist der Rotmilan größer als der Mäusebussard.

 

Überwiegend ziehen Rotmilane im Herbst in die Winterquartiere im Mittelmeerraum. Allerdings gibt es inzwischen, bei ausreichendem Nahrungsangebot, eine Tendenz zur Überwinterung im Brutgebiet.

 

 

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Juveniler Rotmilan
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Juveniler Rotmilan

 

Steckbrief: Rotmilan

 

Brutzeit – Gelege – Größe – Gewicht – Nahrung – Biotop – Alter

 

Systematische Einordnung:

Ordnung: Greifvögel (Accipitriformes)

Familie: Habichtverwandte (Accipitridae)

Gattung: Milane (Milvus)

Art: Rotmilan

 

Beschreibung:

Wissenschaftlicher Name: Milvus milvus

Artname in Englisch: Red Kite

Artname in Französisch: Milan royal

Artname in Niederländisch: Rode Wouw

Artname in Finnisch: Isohaarahaukka

Artname in Dänisch: Rød Glente

Artname in Schwedisch: Röd glada

Artname in Polnisch: Kanila ruda

Artname in Russisch: Krassny korschun

 

Vorkommen / Verbreitung: Überwiegend auf dem europäischen Kontinent verbreitet. Das Verbreitungsgebiet des Rotmilan beginnt im Westen auf den Kapverdischen Inseln und den Kanaren und erstreckt sich über Marokko und Südwest und Westeuropa ostwärts bis in die Ukraine und vermutlich bis in den Nordwest-Iran.

 

In Mitteleuropa ist der Rotmilan ein Brutvogel der Tiefebenen und Mittelgebirge.

 

Wanderungen: Der Rotmilan ist überwiegend Kurzstreckenzieher. Der Wegzug in die Winterquartiere beginnt zwischen Ende September und Mitte Oktober. Anfang November sind die Rotmilane in den Winterquartieren angekommen. Der Heimzug beginnt ab Februar / März und dauert bis in den April an.

 

Überwinterung: Die Winterquartiere des Rotmilan befinden sich überwiegend im Mittelmeergebiet und in Frankreich und dem Norden der Schweiz. In Mitteleuropa ist zunehmend eine Überwinterung der Rotmilane im Brutgebiet zu beobachten, die vor allem durch eine verbesserte Nahrungssituation im Winter (z.B. Abfalldeponien) möglich ist.

 

Lebensraum – Biotop: Reicht strukturierte Landschaften mit Wald und Feldgehölzen. Der Rotmilan ist nicht strikt an Gewässer gebunden. Es werden auch Baumreihen und Alleen besiedelt. Als Jagdgebiet nutzt der Rotmilan offenes Gelände. Die Schlafplätze werden in Gehölzen eingenommen.

 

Verhalten: Am Nest sehr territorial. Nach der Brutzeit sind Rotmilane gesellig und bilden auch Schlafgesellschaften von bis zu 100 Individuen.

 

Kennzeichen Im Größenverhältnis ist der Rotmilan größer als der Mäusebussard. Der Rotmilan ist überwiegend rötlichbraun mit einem hellen Kopf und einem tief gegabelten rostroten Schwanz. Der helle Kopf zeigt eine dunkle Strichelung. Die Gabelung des Schwanzes ist auch im gefächerten Zustand noch sehr gut zu erkennen. Lange, schlanke Flügel. Im Flugbild fallen die weißgrauen Unterseiten der Handschwingen auf. Handschwingenspitzen sind schwarz. Der Flügelbug des Handgelenks ist schwarz. Auffällige Spreizung der Handschwingen auch im Flug.

 

Schnabel: ad. = graubraun, schwarzgelb bis gelb; Nestling und Jungvogel = schwarz. Mit zunehmenden Alter wird der Schnabel beim adulten Vogel gelb.

 

Läufe: auffallend kurz; Farbe = gelb.

 

Iris: ad. = matt-hellgelb; juv. = bräunlich-grau.

Augenlidränder = gelb

 

Größe: 60-66 cm

Gewicht:

♂ 800-1200 g

♀ 1000-1300 g

Spannweite: 175-195 cm

Flügellänge:

♂: 44,8-53,2 cm

♀: 47,8-53,5 cm

 

 

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Juv. Rotmilan
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Juveniler Rotmilan

 

Stimme - Ruf: Gedehnt pfeifendes „wiuu“ oder „piö“, letzteres ähnelt entfernt dem Ruf des Mäusebussards. Am Brutplatz recht schweigsam. Standvögel rufen durchgängig auch in Herbst und Winter. Adulte Rotmilane sind im Frühjahr ab Januar zu hören.

 

Geschlechtsreife: Beim Rotmilan tritt die Brutreife mit 2 oder 3 Jahren ein.

Paarungszeit: monogame Saisonverbindung, jedoch besteht eine hohe Brutorttreue, was wiederum zu Wiederverpaarungen führen dürfte. Rotmilane treffen schon verpaart im Brutrevier ein.

 

Revierbesetzung: Rotmilane treffen ab Mitte Februar und noch bis in den April im Brutrevier ein.

 

Bruten1 Jahresbrut

Eiablage: ab Mitte März, meistens ab Anfang April bis Anfang Mai

Brutzeit: Mitte März bis spätestens Anfang September

 

Nest: Die Nester des Vorjahres werden meistens wieder verwendet, es werden auch die alten Nester von Bussarden und Krähen genutzt.

Neststandort - Brutrevier: Nest meistens in Waldrandnähe. Das Nest wird entweder am Stamm oder auf starken Seitenästen, auf hohen Bäumen platziert (Hartholzbäume = Eiche, Buche, Esche).

 

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Juveniler Rotmilan
ei des rotmilan museum wiesbaden common license
Ei des Rotmilan, Attibution: Von Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=38064251 - siehe Bildnachweise

 

Gelege: (selten 1-) 2-3 (bis -4 selten -5) Eier

Eier: rundliche ovale Eier mit matter Schale und weißer Grundfarbe; rotbraune Fleckung.

Eimasse und Eigewichte:

Länge: 52,0-63,4 mm

Breite: 40,0-49,1 mm; Ø: 56,7x44,5 mm

Schalengewicht: 3,8-6,4 g; Ø: 5,2 g

Frischvollgewicht: 54,8-71,3 g; Ø: 60,6 g

 

Nachgelege: Ersatzgelege bei Brutverlust, vor dem Schlüpfen der Jungen möglich. Nach dem Verlust der bereits geschlüpften Jungen wird jedoch kein Nachgelege mehr gezeitigt.

 

Legeabstand: 3 Tage, variiert jedoch auch von 2-4 Tagen.

Brutbeginn: Nach Ablage des ersten Ei.

Brutdauer: 31-32 Tage pro Ei, es brüten nur das ♀

Schlüpfen: Die Jungen des Vollgeleges schlüpfen innerhalb von 2-4 Tagen.

 

Nestlingsdauer - Führungszeit: bedunte Nesthocker, die in den ersten 14 Tagen noch vom ♀ gehudert werden, während das ♂ weiterhin die Nahrung bringt. Erst nach dem Ende der Huderperiode beteiligt sich auch das ♀ am Nahrungserwerb.

Flügge: teilweise schon nach 40 Tagen, überwiegend erst nach 48-50 Tagen verlassen die Jungen den Horst und sind flügge. Danach bleiben die Jungen noch weitere 15-20 Tage bei den Altvögeln und verstreichen erst danach.

 

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Juv. Rotmilan

 

Nahrung: gesunde, tote und kranke Fische, welche von der Wasseroberfläche aufgelesen werden. Jagt auch selbständig Vögel und Kleinsäuger, überwiegend jedoch tote und verletzte Individuen. Kleptoparasitismus bei anderen Greifvögeln. Fallwild am Straßenrand; auch Insekten und Amphibien. Vögel werden bis zur Hühnergröße geschlagen; bei Säugetieren liegt die optimale Größe bei der Größe eiens Hamsters. Hasen werden wohl nur als Aas genommen. Dazu kommen noch Schlachtabfälle und Wildaufbrüche.

 

Lebensdauer: Der älteste bekannte Ringvogel eines Rotmilans erreichte ein Alter von 29 Jahren und 10 Monaten; in der Gefangenschaft können Rotmilane durchaus 33 Jahre alt werden.

 

Mortalität - Sterblichkeit: Bei den Jungvögeln liegt die Mortalität im ersten Jahr bei ca. 50%; bei den adulten Rotmilanen sinkt die Sterblichkeit auf ø 20%.

 

Feinde und Gefährdungen: In Spanien und Südeuropa wird bis heute illegal gejagt und verfolgt; ferner Einsatz von vergifteten Ködern. Dazu kommen Tode durch Freileitungen, Windkraftanlagen, Unfälle mit Kraftfahrzeugen und Belastung durch Pestizide.

 

Jagdbares Wild: Ja

Jagdzeit: Nein, Ganzjährige Schonzeit

 

 

Quellennachweise

 

Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 1+2, Sonderausgabe 2012, Aula Verlag, Wiebelsheim

Bauer, Hans-Günther, Bezzel, Einhard et. al. (HG), Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Band 3, Literatur und Anhang, Aula Verlag Wiebelsheim, 2. vollständig überarbeitete Auflage 1993

Bezzel, Einhard, Kompendium der Vögel Mitteleuropas, Non-Passeriformes, Band 1, AULA-Verlag Wiesbaden, 1985

Bruun/Singer/König/Der Kosmos Vogelführer, Franck'sche Verlagshandlung Stuttgart, 5. Auflage 1982

Glutz von Blotzheim, Urs et. al (HG), Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Band 4, Falconiformes, Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden, 1975

Mebs, Theodor, Die Greifvögel Europas und die Grundzüge der Falknerei, Franckh'sche Verlagshandlung Stuttgart, 5. Auflage 1978

Mebs, Theodor (†), Schmidt, Daniel, Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens, Franck-Kosmos Verlag Stuttgart, 2. Auflage 2014

Ortlieb, Rudolf, Der Rotmilan, Die Neue Brehm-Bücherei, A. Ziemsen Verlag Lutherstadt Wittenberg, 3. überarbeitete Auflage 1989

Svenson, Lars et. al, Der Kosmos Vogelführer, Franck-Kosmos Verlag GmbH & Co. KG, Stuttgart, 2. Auflage 2011

 

Bundesamt für Naturschutz: Nationaler Vogelschutzbericht 2019 gemäß Artikel 12 Vogelschutzrichtlinie, Berichtsdaten aus dem Abschnitt Rot...Sch Überwinterer (pdf download)

 

 

Bildnachweise

 

Ei des Rotmilan, Attribution: Von Klaus Rassinger und Gerhard Cammerer, Museum Wiesbaden - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=38064251; File URL: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7b/Milvus_milvus_MWNH_0750.JPG; Page URL: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Milvus_milvus_MWNH_0750.JPG